Fahrzeug-Identifikationsnummern (FIN) sind unter Umständen als personenbezogene Daten zu behandeln

Der EUGH hat mit seinem Urteil vom 09. November 2023 entschieden, dass Fahrzeug-Identifikationsnummern (FIN) unter Umständen als personenbezogene Daten gem. Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO zu behandeln sind. 
 
Die Vorlagefrage bezog sich auf einen Rechtsstreit zwischen dem Gesamtverband Autoteile-Handel e. V. und Scania CV AB.
 
Scania stellt unabhängigen Wirtschaftsakteuren (freien Reparaturwerkstätten) manuellen Zugang zu Fahrzeuginformationen betreffend Wartung und Reparatur zur Verfügung. Die Daten werden diesen Akteuren jedoch nicht in automatisiert auswertbarer Form bereitgestellt.  Scania stellt den unabhängigen Werkstätten die FIN nicht zur Verfügung. Vertragswerkstätten haben jedoch die Möglichkeit durch Auswertung von Zulassungspapieren die FIN konkreten Kunden zuzuordnen.
 
Der Kläger verlangt nun, diese Informationen auf Basis der Verordnung EU 2018/858 (Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG (ABl. 2018, L 151, S. 1)) den Werkstätten „leicht zugänglich in Form von maschinenlesbaren und elektronisch verarbeitbaren Datensätzen“ bereitzustellen.
 
Das vorlegende Gericht fragt unter anderem, ob der Art. 61 Abs. 1 der Verordnung 2018/858 für Fahrzeughersteller eine rechtliche Verpflichtung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO darstellt, die die Herausgabe von FIN bzw. mit FIN verknüpften Informationen an unabhängige Wirtschaftsakteure als andere Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO rechtfertigen würde.
 
Der EuGH bejaht dies. Grundsätzlich – so der EuGH –  stellt die FIN „als solche keine „personenbezogenen“ Daten“ dar. Jedoch muss die FIN wie auch der Name und die Anschrift des Inhabers der Zulassungsbescheinigung in der Zulassungsbescheinigung des Fahrzeugs enthalten sein. 
 
„Unter diesen Umständen handelt es sich bei der FIN um ein personenbezogenes Datum im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO der in der Zulassungsbescheinigung ausgewiesenen Person, sofern derjenige, der Zugang zur FIN hat, über Mittel verfügen könnte, die es ihm ermöglichen, die FIN zur Identifizierung des Halters des Fahrzeugs, auf das sich die FIN bezieht, oder zur Identifizierung der Person, die aufgrund eines anderen Rechtstitels denn als Halter über das betreffende Fahrzeug verfügen kann, zu nutzen.“
 
In diesem Fall fällt die FIN gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO in den Anwendungsbereich der DSGVO. Der Begriff der „Verarbeitung“ gem. Art. 4 Nr. 2 DSGVO umfasst umfasst somit „die Bereitstellung einer FIN durch den „Verantwortlichen“ im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO, wenn diese FIN die Identifizierung einer natürlichen Person ermöglicht.“
 
Für die Fahrzeughersteller ist damit eine „rechtlichen Verpflichtung“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO begründet, die FIN der von ihnen hergestellten Fahrzeuge unabhängigen Wirtschaftsakteuren als „Verantwortlichen“ im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO bereitzustellen.
 
 
Quellen: