EU-Gremien einigen sich auf Ausweitung der Prüm-Gesetzgebung

Hintergrund:
Der Prüm-Vertrag aus 2005 regelt aktuell den Austausch u.a. von Gen-, fingerabdruck- oder KfZ-Zulassungsdaten in der EU. Bereits 2021 wurde durch die EU-Kommission die Prüm-II-Verordnung auf den Weg gebracht, die den Austausch weiter konkretisiert.

Am 20.11.2023 haben sich die Verhandlungsführer des EU-Parlaments, des Ministerrats und der Kommission auf eine Ausweitung der Regelungen geeinigt. Im nächsten Schritt wird die Einigung nun den Vertretern der Mitgliedstaaten vorgelegt. Billigen diese den Vorschlag, wird er vom Rat als auch vom Europäischen Parlament förmlich angenommen.
Im Wesentlichen wird der Anwendungsbereich der aktuellen Prüm-II-Verordnung ausgeweitet.

Die Neuerungen umfassen insbesondere die folgenden Punkte:

  • In Zukunft soll der Austausch von Fahndungsfotos oder biometrischen Lichtbildern von Verdächtigen/verurteilten Stratftätern aus Datenbanken, die mit automatisierter Gesichtserkennung arbeiten, möglich sein (Erweiterung des Anwendungsbereichs für den automatischen Datenaustausch)
  • es sollen Anfragen auch zu Fällen von Vermisstensuchen oder zur Identifizierung menschlicher Überreste zulässig sein, soweit dies nach dem jeweiligen nationalen Recht des Mitgliedstaats zulässig ist (Erweiterung des Anwendungsbereichs an sich)
  • Es soll eine Modernisierung der zum Datenaustausch notwendigen technischen Infrastruktur vorgenommen werden. Damit einhergehend soll ein zentraler Router bei der Behörde EU-Lisa eingerichtet werden, damit die Verbindungen zwischen den Mitgliedstaaten und auch zu Europol verbessert werden. Die nationale Strafverfolgungsbehörde soll künftig ihre Daten auf der Suche nach einer Übereinstimmung an den zentralen Router übermitteln, dieser leitet die Anfrage dann zum Abgleich an alle Datenbanken der Mitgliedstaaten und Europol weiter. Für automatisierte
    Suchen soll das European Police Records Index System (EPRIS) genutzt werden.

Zeigen die Datenbanken ein positives Ergebnis, so ist der entsprechende Mitgliedstaat innerhalb von 48h verpflichtet, die Daten zu liefern, außer eine gerichtliche Genehmigung erfordert einen längeren Zeitraum.

Dazu sollen die folgenden Einschränkungen/Vorgaben gelten:

  • es hat eine menschliche Überprüfung von Datenübereinstimmungen zu erfolgen
  • Gesichtsbilder und Polizeiakten dürfen nur zur Aufklärung von Straftaten ausgetauscht werden, für die eine Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr vorgesehen ist
  • Verpflichtung zur Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung

Im Vorfeld wurde insbesondere dahingehend Kritik an der Ausweitung der Prüm-Gesetzgebung geäußert, als dass vor allem die Sorge besteht, dass Großbritannien trotz Brexit dem ausgeweiteten Rahmen beitreten könnte und damit große Datenmengen von Daten, die unter bedenklichen Umständen (bspw. Aufzeichnungen aus öffentlicher Videoüberwachnung) entstanden sind, ebenfalls in die Datenbanken gelangen könnten. Diese Daten könnten möglicherweise auch für die automatisierte Gesichtserkennung in Echtzeit verwendet werden.

Quellen: