Telegram vor dem Bonner Amtsgericht: Soziales Netzwerk oder Online-Dienst zum Zwecke der Individualkommunikation?

Am Freitag den 05.05.2023 teilte der Gerichtssprecher des Bonner Amtsgerichts mit, dass sich das Gericht demnächst mit Bußgeldbescheiden in Millionenhöhe befassen werde. Aufgrund von Verstößen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) erließ das Bundesamt für Justiz (BfJ) vergangenen Herbst zwei Bußgeldbescheide gegen den Messengerdienst Telegram in einer Gesamthöhe von rund 5,1 Millionen Euro, die sich wie folgt zusammensetzen:

  • 4,25 Millionen Euro: Mangelnde Bereitstellung eines ständig verfügbaren Beschwerdeverfahrens, bei dem Nutzer rechtswidrige Inhalte melden können
  • 875.000 Euro: Fehlende Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten, an den deutsche Gerichte und Behörden Schriftstücke mit rechtsverbindlicher Wirkung senden können

Die Telegram-Anwälte bestreiten – so die Angaben des Gerichtssprechers – in ihren Einsprüchen, dass Telegram ein soziales Netzwerk sei. Bei Telegram handele es sich vielmehr um einen „Online-Dienst zum Zwecke der Individualkommunikation“ und darüber hinaus überschreite der Dienst nicht die Bagatellgrenze von zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzern. Einen Anhaltspunkt für den Begriff der Individualkommunikation bietet der Entwurf zum NetzDG, der beispielhaft E-Mail-Dienste anführt. Die Entscheidung obliegt nun dem Bonner Amtsgericht, mit der voraussichtlich im Herbst zu rechnen ist.

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