Wer ein juristisches Problem hat „googelt“ – und benötigt heute nur wenige Mausklicks um eine rechtliche Einschätzung zu erhalten. Möglich gemacht wird dies von sogenannten „Legaltechs“, jungen Unternehmen mit software-basierten Angeboten zu juristischen Themen, wie beispielsweise Anwalt.de, einem Online-Marktplatz für Rechtsdienstleistungen oder Geblitzt.de, einem Legaltech-Unternehmen, welches binnen kurzer Zeit eine kostenlose Einschätzung gibt, ob sich der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid lohnt. Dies ist jedoch längst nicht alles, was Legaltechs heute schon leisten: Sie erstellen ganze Vertragsentwürfe, prüfen Entschädigungen nach Flug- und Bahnreisen, bieten Informationsportale oder vermitteln Anwälte ähnlich wie Hotelzimmer, mit Nutzerbewertungen und vorab ausgewiesenem Honorar. Besonders Verbrauchern, die sich lediglich über einzelne Fragen informieren wollen, ist mit den Portalen geholfen.
Veränderung der juristischen Arbeit
Während Legaltech gerade für spezialisierte kleinere Kanzleien ein idealer Weg sein kann, neue, überregionale Mandanten zu gewinnen ohne viel Geld für die Akquise ausgeben zu müssen, stellt die Digitalisierung in Wirtschaftskanzleien ganze Geschäftsmodelle auf den Prüfstand: Eine Studie der Boston Consulting Group und der Hamburger Bucerius Law School kam Anfang 2016 zu dem Ergebnis, dass Computerprogramme mittelfristig bis zur Hälfte der Arbeit von Junganwälten übernehmen könnten – Arbeit für die Wirtschaftskanzleien bislang ohne großes Zögern dreistellige Stundenhonorare in Rechnung stellen. Dies könnte jedoch bald ein Ende haben, denn zahlreiche Unternehmen weigern sich mittlerweile, hohe Honorare für solche Anwaltsleistungen zu zahlen und setzen lieber auf kostengünstige Legaltech-Lösungen. Um mithalten zu können sucht sich derzeit nahezu jede Großkanzlei prozessunterstützende Software.
Perspektive: Arbeitsteilige Dienstleistung
In den USA, wo Legaltech bereits ein Milliardengeschäft ist, begreifen Kanzleien die neue Entwicklung nicht als Bedrohung für ihr eigenes Geschäft: Schlankes, kostensparendes Management und der Einsatz von Technologien machen dort aus der Rechtsberatung eine arbeitsteilige Dienstleistung. Techniklösungen eröffnen ihnen die Möglichkeit, bestimmte Dienstleistungen effizienter zu erledigen oder auszulagern, um sich auf andere Aufgaben zu konzentrieren. Auch in Deutschland kann, nach Ansicht von Experten, die Zukunft der Großkanzleien nur in der Kooperation mit Startups liegen: „Die Kanzlei, die es schafft, Produkte, effiziente Prozesse und Innovation zusammenzubringen, wird am Ende im Wettbewerb vorne sein.“
Studie der Bucerius Law School und der Boston Consulting Group (PDF): http://www.bucerius-education.de/fileadmin/content/pdf/studies_publications/Legal_Tech_Report_2016.pdf