Gezieltes Fotografieren von Jugendlichen in der Innenstadt als Verstoß gegen die DS-GVO

In einer Innenstadt wurde eine männliche Person von der Polizei kontrolliert, nachdem sie von mehreren weiblichen Jugendlichen angezeigt worden war. Grund für die Anzeige war der Eindruck der Jugendlichen, von der männlichen Person verfolgt und gezielt fotografiert zu werden. Bei der Kontrolle stellte sich heraus, dass sich auf dem Smartphone der kontrollierten Person einige Fotos der Anzeigeerstatterinnen befanden, die kurz zuvor im öffentlichen Raum der Innenstadt aufgenommen worden waren. Nach Einschätzung der Polizeibeamten waren die Jugendlichen nicht nur zufällig auf den Fotos abgebildet, sondern stellten gezielt den Fokus der Aufnahmen dar.

Nach den Ausführungen im Tätigkeitsbericht der niedersächsischen Landesdatenschutzbehörde griff die sog. Haushaltsausnahme gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c der DS-GVO für rein persönliche oder familiäre Aktivitäten vorliegend nicht. Denn diese Regelung gestatte es nicht, eigenmächtig gezielte Fotos von fremden Personen in der Öffentlichkeit anzufertigen. Personen, die sich in der Öffentlichkeit bewegen, könnten nicht durch das Anfertigen solcher Fotos für persönliche Zwecke in die Privatsphäre der Fotografierten einbezogen werden.

Die Anwendung des Datenschutzrechts führt nicht automatisch zu einem Verbot der Fotografie oder Filmaufnahmen. Bei Aufnahmen, bei denen der menschliche Körper im Mittelpunkt steht, fehlt es jedoch an einer rechtlichen Grundlage für die Datenverarbeitung.

Verantwortliche im Sinne des Datenschutzrechts könnten sich demnach insbesondere nicht auf Art. 6 Abs. 1 lit. f der DS-GVO berufen, da sie keine berechtigten Interessen hätten, die mindestens gleichwertig mit den Interessen der fotografierten Personen seien. Dies gelte insbesondere, wenn es sich bei den betroffenen Personen um Kinder im Sinne der DS-GVO handelt. Kinder müssten auf den besonderen Schutz durch die Rechtsordnung vertrauen können, da sie häufig noch nicht in der Lage sind, angemessen zwischen Privatsphäre und sozialem Raum zu unterscheiden. Dies gilt in gewissem Maße auch für Jugendliche. Die DS-GVO legt eine besondere Schutzbedürftigkeit für junge Menschen bis zum Alter von 16 Jahren fest.

Der Verstoß wurde mit einer akzeptierten Geldbuße in Höhe von 500 Euro geahndet.

Link zum Tätigkeitsbericht der niedersächsischen Datenaufsichtsbehörde: https://lfd.niedersachsen.de/startseite/infothek/tatigkeitsberichte/2022/28-tatigkeitsbericht-2022-223047.html (dort S. 102 ff.)