BGH legt dem EuGH Fragen zum Widerrufsrecht beim Matratzenkauf im Internet vor

Mit Beschluss vom 15.11.2017 hat der achte Zivilsenat des BGH das Verfahren unter dem Aktenzeichen VIII ZR 194/16 ausgesetzt und dem EuGH zwei Fragen betreffend die Auslegung der Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU) zur Vorabentscheidung gestellt.

In der Sache geht es um einen Verbraucher, der über die Website des beklagten Händlers im Jahr 2014 eine zum Preis von 1094,52 € bestellte. Nach der Lieferung entfernte der Kläger die Schutzfolie der Matratze und teilte dem Beklagten wenige Tage später per E-Mail mit, dass er den Vertrag widerrufe und der Beklagte den Rücktransport der Matratze durch eine Spedition veranlassen solle. Nachdem der Beklagte dem nicht nachkam beauftragte der Kläger selbst eine Spedition und verlangte Kaufpreisrückzahlung sowie die Erstattung der Rücksendekosten (insgesamt 1190,11 €).

Das AG Mainz (Az.: 86 C 234/15) und das LG Mainz (VuR 2017, 435) haben der Klage des Vebrauchers stattgegeben, nunmehr verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren in der Revision weiter.

Entscheidend ist die Frage, ob es sich bei einer Matratze die mit einer Schutzfolie geliefert wird um eine versiegelte Ware handelt, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet ist, wenn die Versiegelung entfernt wurde und das Widerrufsrecht des Klägers daher gem. § 312 g Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB ausgeschlossen ist. Sowohl die Anforderungen an eine Versiegelung in diesem Sinne als auch die Voraussetzungen an eine Ware die nach der Entsiegelung nicht zur Rückgabe geeignet ist sind weitgehend unklar und werden in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert.

Der VIII. Zivilsenat hat deshalb – ausweislich der Pressemitteilung – folgende Fragen an den EuGH gestellt:

  1. Ist die Vorschrift des Art. 16 lit. e der Verbraucherrechterichtlinie (der durch § 312 g Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB im deutschen Recht umgesetzt ist) – wozu der VIII. Zivilsenat angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift tendiert – dahin auszulegen ist, dass zu den dort genannten Waren solche Waren (wie etwa Matratzen) nicht gehören, die zwar bei bestimmungsgemäßen Gebrauch mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen können, aber durch geeignete (Reinigungs-)Maßnahmen des Unternehmers – wenn auch möglicherweise mit Werteinbußen, die der Unternehmer kalkulieren kann – wenigstens wieder als gebrauchte Sachen verkehrsfähig gemacht werden können?
  2. Falls die Frage 1 bejaht werden sollte, wie muss eine Verpackung beschaffen sein, um als „Versiegelung“ zu gelten und welchen Inhalt muss der nach den gesetzlichen Vorschriften (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 1 EGBGB; Art. 6 Abs. 1 Buchst. k der Verbraucherrechterichtlinie) zu erteilende Hinweis über die Umstände des Erlöschens des Widerrufsrechts haben.

 

Pressemitteilung des BGH Nr. 178/2017 vom 15.11.2017: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2017&Sort=3&nr=80023&pos=0&anz=178