EuGH erlaubt Dekompilieren von Software für Bug-Fixes

Proprietäre Software darf auch gegen den Willen des Herstellers untersucht werden, wenn es bestimmten Zwecken dient. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat den Nutzern in einer aktuellen Entscheidung grundlegende Rechte zum Reverse Engineering zugestanden.

Hintergrund der Entscheidung war ein Rechtsstreit zwischen dem belgischen Software-Hersteller Top System und dem Auswahlbüro der Föderalverwaltung Belgiens, Selor. Nachdem eine Funktionsstörung in einem Programm auftrat, für deren Behebung Selor und Top System SA sich nicht einigen konnten, hatte Selor das Programm dekompiliert und den Fehler selbst behoben.
Zunächst hat der Hersteller 2009 Klage gegen Selor erhoben, die in erster Instanz abgewiesen wurde. Nachdem Top Systems eine Berufung gegen das Urteil legte, hat das Berufungsgericht das Verfahren dem EuGH zur Prüfung vorgelegt.

Nach dem rechtmäßigen Erwerb eines Computerprogramms ist der Erwerber berechtigt, dies ganz oder teilweise zu dekompilieren, um Fehler, die das Funktionieren dieses Programms beeinträchtigen, zu berichtigen; insbesondere ist ein Dekompilieren in dem Fall zulässig, wenn die Berichtigung darin besteht, eine Funktion zu deaktivieren, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Anwendung, zu der dieses Programm gehört, beeinträchtigt. Der EuGH schließt dafür auch explizit das Dekompilieren und Reverse Engineering ein, da bei proprietärer Software eine Fehlerbehebung nicht anders möglich ist.

Auch wenn sich die Entscheidung hauptsächlich auf Richtlinie 91/250 beruft, befreit das Urteil Lizenznehmer in solchen Fällen von einigen dort aufgeführten Bedingungen.
Inhaltlich wird die Entscheidung übertragbar sein und zukünftig eine erhebliche Auslegungshilfe darstellen.

Quellen: