„Freie Welt in Gefahr? Wer beeinflusst, wie wir die Welt sehen?“ Unter
diesem Motto stand der diesjährige Medienabend der Landesmedienanstalt
Saarland (LMS) in der Bel étage am Deutsch-Französischen Garten in
Saarbrücken. Im Vorfeld der Bundestagswahlen freute sich der Direktor
der LMS besonders, als Vertreter der Politik den Chef des
Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, Peter
Altmaier, begrüßen zu können. „Peter Altmaier ist für uns an diesem
Abend sowohl in seinen regierungsamtlichen Funktionen ein wertvoller
Gesprächspartner, aber auch als medienerfahrener und medienaffiner
Demokrat und Abgeordneter des Bundestages“, so Uwe Conradt.
Zusammen mit der Wissenschaftlerin Prof. Dr. Katharina Zweig, dem
Vorsitzenden des Medienrats der LMS, Prof. Dr. Stephan Ory, und Uwe
Conradt führte Altmaier einen Dialog zum Wandel der Mediennutzung, über
Gefahren der Meinungsmanipulation und Veränderungen von
Meinungsbildungsprozessen durch soziale Medien.
Peter Altmaier bezog in seine Perspektive auch übergreifende Fragen ein.
Insgesamt sehe sich die Freiheit in der Welt permanent Bedrohungen
ausgesetzt und müsse aktiv gegen antidemokratische Angriffe verteidigt
werden. „Freien Medien kommt in dieser Auseinandersetzung eine
Schlüsselrolle zu, weshalb weltweit Medienunternehmen und
Medienschaffende oft zu den ersten Zielobjekten von Extremisten,
Dogmatikern und Autokraten gehören.“
Andererseits seien die Medien selber auch Akteure der Meinungsbildung
und hätten in gewissem Maße auch Wahlen beeinflusst. Einflussnahmen auf
die politische Willensbildung erfolgten schon immer auch aus dem
Ausland. Dies betreffe natürlich auch die Bundestagswahl. Neu sei
allerdings der verdeckte Einsatz von Akteuren, Trollen und Bots
insbesondere in sozialen Netzwerken und der Versuch, mit Leaks und
Fake-News kurzfristig Stimmungslagen zu schaffen. Es sei deshalb nicht
ausgeschlossen, dass ausländische Geheimdienste versuchten, auch
Einfluss auf die Bundestagswahl zu nehmen. Hier sei Wachsamkeit der
Dienste für die Abwehr ebenso wichtig wie kritische Kompetenz der
Bürgerinnen und Bürger bei der Bewertung von nicht überprüften Meldungen
oder unüberprüfbaren Inhalten.
Die Informatikerin Katharina Zweig erweiterte diese Thematik mit Blick
auf die Funktionsweisen der Online-Kommunikation aus der Sicht der
Wissenschaft und als Mitgründerin der Initiative ‚Algorithm Watch‘: „Der
Einfluss, den Suchmaschinen auf unsere Meinungsbildung haben, ist
unklar, aber er ist vermutlich kleiner als momentan spekuliert wird.
Natürlich können sie zur gezielten Verzerrung über die Nachrichtenlage
über eine Person genutzt werden — und zwar insbesondere auch von
Dritten, die dafür Falschnachrichten so verlinken, dass die Algorithmen
sie für relevant halten. Am Ende gilt es aber, die Produzenten von
Falschnachrichten zu finden und ihre Geschäftsmodelle zu verstehen bzw.
politische Motive hinter Falschinformationen zu entlarven.” Einen
Beitrag zur Aufklärung und ggf. Entlarvung solcher Strukturen könne auch
die Forschung leisten. Sie sei deshalb dankbar, dass sich die LMS
zusammen mit weiteren Landesmedienanstalten bundesweit für entsprechende
Forschungsprojekte engagiere und vor Ort Informationsveranstaltungen für
die Fachwelt und die interessierte Öffentlichkeit anbiete.
Prof. Dr. Stephan Ory betonte als Vorsitzender des Medienrats der LMS
die Rolle der Medienanstalten als Wahrer der Interessen der
Allgemeinheit und der Gremien als Repräsentanten einer pluralistischen
Gesellschaft. Den Medien komme die Aufgabe zu, die Vielfalt der Themen,
der Fakten und der Meinungen in der Gesellschaft abzubilden. Die
Medienanstalten müssten die Rahmenbedingungen für elektronische Medien
stärken, damit sie dieser Aufgabe nachkommen können. Das gelte gerade im
lokalen und regionalen Bereich: „Die Berichterstattung ist hier
besonders anspruchsvoll – der Hörer oder Leser merkt schnell, wenn ein
Thema ausgelassen wird oder Sachverhalte nicht vollständig
berücksichtigt sind. Dann schwindet das Vertrauen in die Medien. Die
klassischen journalistischen Grundsätze sind stark genug, auch die
Diskussion um Fake-News zu meistern. Die Strukturen, die die
Medienanstalten unterstützen, müssen die Anwendung dieser Grundsätze
sicherstellen.“
Der Direktor der LMS, Uwe Conradt, skizzierte einige wesentliche
Handlungsfelder der LMS: „Für Regulierung und Aufsicht sind angesichts
neuer konvergenter Angebotsformen neue Herausforderungen entstanden, an
denen kontinuierlich zu arbeiten ist. Oberste Maxime unseres Handelns
bildet dabei die Gewährleistung von Meinungsfreiheit und
Meinungsvielfalt. Sie sind wesentliche Voraussetzung für Demokratie und
Rechtsstaat.“ Digitalisierung der Verbreitungswege und Globalisierung
der Märkte dürften nicht dazu führen, dass wenige Player zu Gatekeepern
würden, nicht nur für Geschäftsmodelle, sondern auch für Inhalte und
Meinungen. „Wir müssen wachsam sein, dass durch Regulierung von
Plattformen und Netzen ein freier Marktzutritt und
diskriminierungsfreier Wettbewerb gewährleistet wird. Wie gravierend
Verzerrungen wirken können, zeigt beispielhaft die milliardenschwere
Kartellbuße, die durch die EU-Kommission gegen den Internetkonzern
Google verhängt wurde. Gegenstand hierbei war das Wettbewerbsrecht und
damit auch der Schutz der Verbraucher. Was aber, wenn ein Player dieser
Größenordnung Einfluss nimmt auf die Meinungsmacht? Können wir es uns
dann noch leisten, für ein solches Verfahren acht Jahre ins Land gehen
zu lassen?“ Hier sei ein präventives Vorgehen unabdingbar.
Transparenzgebote müssten erarbeitet werden auf der Grundlage einer
soliden Analyse bestehender Strukturen. „Freie Medien sind für die
Demokratie so wichtig wie Lebensmittel für den Menschen. Der Einsatz für
ihre Qualität und freie Zugänglichkeit lohnt sich!“
Durch die Veranstaltung führte Radio-Salü-Moderator Klaus Dittrich.