EuGH: Bank kann beim Verlust einer Bankkarte mit kontaktloser Bezahlfunktion haften

In einer jüngst ergangenen Entscheidung hat sich der EuGH mit der Frage auseinandergesetzt, wer das Risiko für Zahlungen trägt, die nach dem Verlust einer Bankkarte mit kontaktloser Bezahlfunktion durchgeführt werden (EuGH, Urteil vom 11.11.2020, Az. C-287/19).

Eine österreichische Verbraucherschutzorganisation hatte gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank hinsichtlich Bankkarten geklagt, die über die sog. Near Field Communication-Funktion (NFC) verfügen. NFC ermöglicht es, dass der Bankkunde durch schlichtes Auflegen der Bankkarte auf ein Kartenlesegerät bis zu einer gewissen Höhe ohne Eingabe einer PIN bezahlen kann. Sofern der Bankkunde eine Karte mit NFC verliert, sollte nach den streitgegenständlichen AGB der Bank der Kunde das Missbrauchsrisiko tragen. Im Rechtsstreit hatte die Bank argumentiert, dass eine Sperrung einer Bankkarte mit NFC-Funktion technisch nicht möglich sei, weshalb die Bank nicht das Missbrauchsrisiko trage.

Dieser Argumentation schloss sich der EuGH nicht an. Zwar handele es sich bei dem NFC-Bezahlverfahren um ein anonymisiertes Zahlungsinstrument im Sinne der europäischen Zahlungsdienste-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2366), was gewisse Haftungserleichterungen für Banken ermöglicht. Da es aber erwiesenermaßen technisch möglich ist, Bankkarten mit NFC-Funktion zu sperren, kann die Bank nicht pauschal das Missbrauchsrisiko im Fall eines Verlusts auf den Kunden abwälzen. Stattdessen müsse dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt werden, dass dieser im Fall des Verlusts oder der missbräuchlichen Verwendung kostenlos den Verlust melden könne, um so ein Missbrauchsrisiko zu verhindern.

Auch wenn kontaktlose Bezahlvorgänge bspw. im dichten Gedränge eines Bahnhofs durch enges Vorbeigehen am Tatopfer theoretisch denkbar sind, hält das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die NFC-Technik grundsätzlich für sehr sicher. Selbst im vorstehend beschriebenen Angriffsfall sei es nach Aussage des BSI so, dass sich mehrere Karten mit NFC-Funktion, wie z. B. Kreditkarte, EC-Karte oder der neuere Personalausweis, eher gegenseitig blockieren, was das Missbrauchsrisiko eher gering erscheinen lässt.

 

Quellen:

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=233543&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=13426695

https://www.bsi-fuer-buerger.de/BSIFB/DE/DigitaleGesellschaft/OnlineBanking/MobilePayment/KontaktlosesBezahlen-NFC/kontaktloses_Bezahlen_NFC_node.html