BGH-Entscheidung zum Filesharing veröffentlicht

Am 17.10.2017 hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungsgründe zum Urteil vom 30.3.2017, Az. I ZR 19/16 veröffentlicht.

Die Klägerin ist Tonträgerherstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den Musiktiteln des Albums „Loud“ der Künstlerin Rihanna. Am 2. Januar 2011 wurde dieses Album in einer Tauschbörse über den Internetanschluss der Beklagten zum Herunterladen angeboten. Die Klägerin nimmt die Beklagten – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – auf Zahlung von Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Die Vorinstanzen haben angenommen, dass die Beklagten Anschlussinhaber – ein Ehepaar – als Täter für die begangene Rechtsverletzung haften. In dem Rechtsstreit haben sich die Anschlussinhaber damit verteidigt, dass sie nicht selbst die Rechtsverletzung begangen hätten, sondern eines der drei in ihrem Haushalt lebenden und bereits volljährigen Kinder hierfür verantwortlich sei. Dabei haben sich die Beklagten jedoch geweigert, die Identität des Täters im Prozess preiszugeben obwohl sie ihnen bekannt war.

Der Bundesgerichtshof hat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz entschieden, dass der Sachvortrag der Anschlussinhaber nicht ausreicht, um der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast zu genügen. Nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast ist die grundsätzlich nicht darlegungs- und beweisbelastete Partei gehalten, zu einer entscheidungserheblichen Tatsache substantiierten Sachvortrag zu leisten, wenn der (primär) darlegungs- und beweisbelastete Partei hierzu keinen Sachvortrag leisten kann und dem Prozessgegner ein derartiger Sachvortrag möglich und zumutbar ist. Genügt die Partei, der eine sekundäre Darlegungslast obliegt, dieser nicht, gilt der gegnerische Sachvortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

Kernfrage des Rechtsstreits war daher die Frage, ob es Eltern zumutbar ist, entweder die Folgen der Geständnisfiktion zu tragen und selbst als Täter verurteilt zu werden, oder ein volljähriges Kind der Gefahr der zivil- und ggf. strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass insbesondere die Wertungen der §§ 383, 384 ZPO – die Zeugnisverweigerungsrechte enthalten – auf Prozessparteien keine Anwendung finden. Der BGH verweist darauf, dass die Partei die Möglichkeit habe, von wahrheitsgemäßen Angaben abzusehen (BGH, Rn. 27). Zudem wären Rechteinhaber schutzlos gestellt, wenn die Anschlussinhaber hierzu keinerlei Angaben machen müssten (BGH, Rn. 28).

Quelle: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.3.2017, Az. I ZR 19/16.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=cada73e32a74726463c6dfab8bc4ddf4&nr=79771&pos=0&anz=1