Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Palantir-Nutzung

Bundesweite Bedenken gegen den Palantir-Einsatz:

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt erwägt den bundesweiten Einsatz der Analyse-Software „Gotham“ des US-Unternehmens Palantir in der Polizeiarbeit. Ziel ist eine effektivere Auswertung großer Datenmengen zur Verhinderung schwerer Straftaten. Bereits in Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen ist die Software im Einsatz, teils unter abgewandelten Bezeichnungen wie „HessenDATA“ oder „VeRA“. Die Initiative stößt jedoch auf massive Kritik, insbesondere wegen datenschutzrechtlicher und verfassungsrechtlicher Bedenken.

Im Zentrum der Kritik steht die automatisierte Analyse personenbezogener Daten aus polizeilichen Quellen. Durch die Verknüpfung verschiedener Datenbestände, etwa Bewegungsprofile, Kontaktpersonen oder Kommunikationsdaten kann es zu umfangreicher Profilbildung kommen. Damit droht ein Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).

Besondere Bedeutung kommt dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2023 (1 BvR 1547/19 u.a.) zu. Darin erklärte das Gericht die damaligen gesetzlichen Grundlagen in Hessen und Hamburg für den Einsatz automatisierter Datenanalyse-Software wie etwa der von Palantir, für verfassungswidrig. Beanstandet wurden insbesondere das Fehlen hinreichend bestimmter Eingriffsschwellen, unklare Zweckbindungen sowie das Risiko einer weitreichenden, anlasslosen Datenverknüpfung und Rasterung. Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass der Einsatz solcher Systeme einen eigenständigen, schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt und nur unter engen, gesetzlich klar geregelten Voraussetzungen zulässig ist. Erforderlich sind insbesondere präzise, verhältnismäßige und auf konkrete Gefahrenlagen bezogene gesetzliche Regelungen.

Kritiker warnen zudem vor einer sicherheitspolitischen Abhängigkeit von einem US-Anbieter mit engen Geheimdienst Verbindungen.


In Bayern ist es derweilen zu einer Verfassungsbeschwerde gegen den Palantir-Einsatz gekommen:

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen Art. 61a BayPAG wenden sich mehrere Beschwerdeführer*innen, vertreten durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), gegen die Einführung automatisierter Datenanalysen durch die bayerische Polizei mittels der Software „VeRA“ (basierend auf Palantir Gotham). Die Beschwerde stützt sich auf eine Vielzahl verfassungsrechtlicher Argumente, die insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Fernmeldegeheimnis, die Unverletzlichkeit der Wohnung sowie das Recht auf effektiven Rechtsschutz betreffen.

Zentraler Kritikpunkt ist die nahezu unbegrenzte Möglichkeit zur Zusammenführung und Analyse personenbezogener Daten. Art. 61a BayPAG erlaubt die Verarbeitung auch sensibler Daten – etwa aus Telekommunikationsüberwachung, Online-Durchsuchungen oder verdeckten Ermittlungen – ohne hinreichende gesetzliche Begrenzung hinsichtlich Herkunft, Art oder Umfang. Besonders problematisch sei die Einbeziehung von Daten unbeteiligter Personen, etwa aus Vorgangsverwaltungen oder Funkzellenabfragen, ohne Zweckbindung oder Kennzeichnungspflicht.

Auch methodisch bleibe die Norm weitgehend offen: Sie erlaubt komplexe, algorithmengestützte Analysen, ohne den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wirksam zu beschränken. Zwar verbietet Art. 61a Abs. 5 Nr. 2 BayPAG selbstlernende Systeme während des Analysebetriebs, nicht jedoch deren Vorprogrammierung. Die Software „VeRA“ erfüllt nach Einschätzung der Beschwerdeführer*innen die Definition eines Hochrisiko-KI-Systems gemäß der EU-KI-Verordnung.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die dynamische Verweisung auf § 100b Abs. 2 StPO. Diese übertrage die Abwägung grundrechtlicher Eingriffe auf den Bundesgesetzgeber und unterlaufe damit das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Die Eingriffsschwelle der „drohenden Gefahr“ genüge nicht den Anforderungen an eine konkretisierte Gefahr, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seinem „Datenanalyseurteil“ (BVerfGE 165, 363) formuliert hat.

Schließlich fehlt es an einem effektiven Kontroll- und Schutzkonzept: Weder sind regelmäßige unabhängige Prüfungen vorgesehen, noch existieren gesetzliche Vorkehrungen zur Fehlervermeidung oder zur Verhinderung diskriminierender Wirkungen automatisierter Analysen.


Quellen:

Das Beitragsbild sowie der Beitragstext wurden mithilfe von KI-Systemen generiert, wobei die Kontrolle über das Ergebnis bei natürlichen Personen lag. Sämtliche Eingaben in KI-Systemen verfolgten Zwecke der wissenschaftlichen Forschung.