Der EU AI-Act differenziert zwischen KI-Systemen und KI-Modellen. Während das KI-Modell als isolierte Komponente – gleichsam als „Gehirn“ – die Entscheidungsgrundlage bildet, stellt es für sich genommen noch kein funktionsfähiges System dar. Eine genaue Definition des KI-Modells existiert dabei nur für die Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck in Art. 3 Nr. 63 AI-Act. Sie müssen von „signifikanter Generalität“ geprägt sein, was im englischen mit „General Purpose“ übersetzt wird, wodurch auch der Name „GP-AI“ zustande kommt.
Die Pflichten für GPAI-Anbieter ergeben sich aus Art. 53 AI-Act (im Kapitel 5), der gemäß Art. 113 lit. b AI-Act ab dem 2. August 2025 für alle neuen KI-Modelle Anwendung findet. Für alle bereits auf dem Markt bestehenden Modelle existiert gem. Art. 111 Nr. 3 AI-Act eine Übergangsfrist bis zum 2. August 2027. In Art. 53 Abs. 1 lit. c AI-Act wird explizit die Verpflichtung zur Implementierung einer Strategie zur Einhaltung des europäischen Urheberrechts normiert. Diese Strategie kann durch eine Verpflichtung zur Einhaltung des GPAI-Kodex der EU nachgewiesen werden oder durch eigene Entwicklungen.
Der GPAI-Verhaltenskodex oder im englischen auch „Code of Practice“ (=CoP) genannt, wurde am 10. Juli 2025 von der europäischen Kommission veröffentlicht. Er gliedert sich in drei Kapitel: 1. Transparenz (engl. Transparency), 2. Urheberrecht (engl. Copyright) und 3. Sicherheit & Schutz (engl. Safety and Security).
Zur Erfüllung der urheberrechtsspezifischen Anforderungen sieht der Kodex in seinem zweiten Kapitel fünf konkrete Maßnahmen vor. Zunächst ist eine umfassende Strategie auszuarbeiten, die kontinuierlich zu aktualisieren und intern umzusetzen ist. Im Rahmen des Web-Crawling sind
sodann ausschließlich rechtmäßig zugängliche geschützte Inhalte zu exportieren, was die strikte Beachtung sämtlicher technischer Zugangsbeschränkungen erfordert. Des Weiteren sind beim Crawling bestehende Rechtevorbehalte zu identifizieren und zu respektieren, indem Webcrawler eingesetzt werden, die Opt-Out-Erklärungen gemäß dem Robot Exclusion Protocol (robots.txt) oder anderen maschinenlesbaren Protokollen lesen und befolgen können. Darüber hinaus ist das Risiko urheberrechtsverletzender Veröffentlichungen durch die Implementierung geeigneter und verhältnismäßiger technischer Schutzmaßnahmen bereits in das KI-Modell zu mindern. Schließlich haben die Anbieter eine Kontaktstelle für die elektronische Kommunikation mit betroffenen Rechteinhabern zu benennen und eine Beschwerdemöglichkeit einzurichten.
In der abschließenden Diskussionsrunde haben wir darüber gesprochen, ob sich weitere bedeutende Anbieter ähnlich wie OpenAI und Google dem Kodex anschließen werden und dieser sich somit zum globalen Standard etabliert, oder ob in Zukunft vermehrt individuelle Strategien verfolgt werden. An dieser Stelle wurde zutreffend auf die Kritik des AI-Anbieters Meta hingewiesen, welcher den Kodex als rechtlich unsicher, überregulierend und innovationsfeindlich betitelte.
Quellen:
The General-Purpose AI Code of Practice, vom 10.07.2025, abrufbar unter:
https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/contents-code-gpai
KI und Urheberrecht – Neuer Verhaltenskodex für große Sprachmodelle, LTO
vom 01.08.2025, abrufbar unter:
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/ki-und-urheberrecht-neuer-verhaltenskodex-fuer-grosse-sprachmodelle
GPAI-Verhaltenskodex – Warum sofortiges Handeln im Rahmen des EU AI-Act
entscheidend ist, vom 04.09.2025, abrufbar unter:
https://www.capgemini.com/de-de/insights/blog/gpai-verhaltenskodex-warum-sofortiges-handeln-im-rahmen-des-eu-ai-act-entscheidend-ist/
GPAI-Kodex: Nachweis für die Einhaltung europäischer Urheberrechtsanforderungen
