Seit dem 26. März 2025 ist die neue Funktion „AI-Overview“ von Google auch in Deutschland verfügbar. Anstelle einer bloßen Liste von Webseitenlinks zeigt Google nun im oberen Drittel der Suchergebnisse automatisch eine generierte KI-Zusammenfassung an, welche direkt auf die Nutzeranfrage eingeht und diese beantwortet. Diese Overviews greifen in Echtzeit auf Inhalte von Webseiten zu, um die benötigten Informationen zu extrahieren und neu aufzubereiten. Die Folge: Laut einer Wordsmattr-Studie ist der Website-Traffic im DACH-Raum bereits im ersten Monat nach Einführung um durchschnittlich 17,8 % gesunken. Die Nutzer geben sich also zunehmend mit dem Ergebnis der Zusammenfassung zufrieden und betreiben im Anschluss keine „Quellenarbeit“ mehr auf den Webseiten, welche die Informationen ursprünglich bereitgestellt haben.
Im Urheberrecht stellt sich die Frage, ob bei der AI-Overview durch den Output (also der generierten Zusammenfassung) oder den Input (den verwendeten Webseiteninhalten) geschützte Werke verletzt werden. Meiner Recherche nach ist der Output selbst in der Regel keine Urheberrechtsverletzung, da die KI meist nur bloße Sachinformationen sammelt und diese neu formuliert. Die urheberrechtlich geschützte konkrete Formulierung sowie die Auswahl und Anordnung der Inhalte auf den Webseiten wird dabei nicht zwingend übernommen. Eine Urheberrechtsverletzung liegt somit nur dann vor, wenn die AI-Overview die konkrete Formulierung komplett oder zu großen Teilen einfach übernommen hat.
Wenn man sich den Input der KI-Funktion anschaut, sollte man zwischen dem Trainieren einer neuen KI und dem Verarbeiten von Webseiteninhalten durch eine bereits mit Inhalten trainierte KIunterscheiden. Durch das Trainieren einer neuen KIkommt es zumindest bei der Erstellung der Trainingsdatenbank zu einer Vervielfältigung der genutzten Daten und damit zu einer Urheberrechtsverletzung. Diese kann allerdings durch die sog. „Text-und-Data-Mining-Schranke“ gemäß Artikel 4 DSM-RL, umgesetzt in § 44b UrhG gestattet sein. Den Webseitenbetreibern bleibt dann lediglich die Möglichkeit einen Widerspruch in Form eines „Opt-Out“ zu erklären. Bei der Verarbeitung von Webseiteninhalten durch ein KI-System aufgrund der konkreten Nutzeranfragekommt es ebenfalls zu vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen im Arbeitsspeicher des Systems. Ob die Text-und-Data-Mining-Schranke hier auch greift, ist noch nicht geklärt. Zudem könnte in diesem Fall die Schranke der vorübergehenden Vervielfältigung aus § 44a UrhG greifen.
Problematisch bei dem Opt-Out ist (derzeit) jedoch, dass sich dieser nicht gezielt auf die AI-Overview beschränken lässt – wer den Zugriff verbietet, wird auch aus den regulären Suchergebnissen ausgeschlossen.
Hoffnung bietet insofern der neue Art. 52c AI-Act, welcher ab dem 2. August 2026 gilt. Danach müssen Anbieter generativer KI-Systeme ihre Crawler eindeutig kennzeichnen, sodass Webseitenbetreiber künftig gezielt bestimmte Systeme ausschließen können. Dies führt allerdings dazu, dass der Webseitenbetreiber nur noch als Link in den unteren Dritteln erscheint und im oberen Drittel der Suchergebnisse praktisch keine Rolle mehr spielen wird.
Am Ende gilt es für die Webseitenbetreiber eine Abwägung zu treffen zwischen dem Schutz ihrer urheberrechtlich relevanten Inhalte und der Sichtbarkeit in der Google-Suche. Wer sich gegen das Text-und-Data-Mining ausspricht, riskiert, im neuen Suchökosystem unsichtbar zu werden. Gerade deswegen untersucht die EU-Kommission derzeit, ob Google mit der AI-Overview gegen den DSA, den DMA oder das Kartellrecht verstößt.
Quellen
Warum Google keine Links mehr braucht, LTO vom 18.07.2025, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/google-ai-overview-ki-zusammenfassung-daten-verstoesse
Sorgen um Traffic-Verlust wegen KI: Gegenwehr kommt auf, beck-aktuell, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/google-ki-zusammenfassung-ai-overview-webseiten-traffic-verlust-urheberrechtsverletzung-kartellrecht
Wordsmattr Studie zum Trafficverlust durch AI-Overviews, vom 05.04.2025, abrufbar unter: https://wordsmattr.io/exklusive-google-ki-studie/?sou=cm
Google AI Overviews ist „Traffic Killer“ für unabhängige Medien, vom 18.09.2025, abrufbar unter: https://urheber.info/diskurs/google-ai-overviews-ist-traffic-killer-fur-unabhangige-medien
