Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags hält NetzDG für verfassungswidrig, Mehrheit der Experten des Justizausschusses schließt sich dem an

Der Wissenschaftliche Dienst das Bundestages hält nach einem aktuellen Gutachten das NetzDG für verfassungswidrig. So verstoße das Gesetz in seiner aktuell gegebenen Form gegen die Meinungsfreiheit. Ein Eingriff in die Meinungsfreiheit sei durch die Gefahr des Overblockings gegeben:

„In der Bußgeldandrohung wird somit auch ein Einschüchterungseffekt (Chilling-Effekt) gesehen, dass aus Angst vor Sanktionen auch rechtmäßige Äußerungen gelöscht werden“

Ferner werden auch die kurzen Löschfristen angesprochen, durch diese werden die Belange des Äußernden nicht berücksichtigt. Darüber hinaus enthalte der Gesetzesentwurf auch „keine Vorgaben zum Inhalt eines Hinweises und zur notwendigen Substantiierung der Rechtswidrigkeit“. Die Rechtfertigung des Grundrechtseingriff scheitert nach dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes am Merkmal der Erforderlichkeit und Angemessenheit. So führt der Wissenschaftliche Dienst aus:
„Es sprechen gute Gründe für die Wahl eines milderen Mittels in Form von unabhängigen Selbstkontrolleinrichtungen, da diese bereits eine zufriedenstellende Zweckerreichung gewährleisten können.“

Bezüglich der Angemessenheit problematisiert der Wissenschaftliche Dienst die nicht erkennbare Zielstellung des Gesetzes und weist auf die erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten bei dem Begriff der Rechtswidrigkeit und der Fake News hin. Durch diese fehlenden Begriffsmerkmale fällt es schwer eine abschließende Abwägung vornehmen zu können.

Die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes ist auch Thema der Sitzung des Justizausschusses im Bundestag gewesen. Vor diesem wurden verschiedene Experten zu dem Gesetzentwurf angehört. Dabei äußerte mehr als die Hälfte der zehn geladenen Experten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Entwurfes. Zum aktuellen Zeitpunkt scheint es mehr als zweifelhaft, dass der Entwurf in seiner jetzigen Form dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden wird. Im Gespräch ist momentan den Entwurf auf seine Kernpunkte zu begrenzen, aber auch ein komplettes Scheitern des Entwurfs ist nicht mehr ausgeschlossen.

Quellen:

https://www.bundestag.de/blob/510514/eefb7cf92dee88ec74ce8e796e9bc25c/wd-10-037-17-pdf-data.pdf

https://netzpolitik.org/2017/anhoerung-zum-netzdg-mehrheit-der-experten-haelt-gesetzentwurf-fuer-verfassungswidrig/

https://www.heise.de/tp/features/NetzDG-im-Rechtsausschuss-3747807.html