BGH: Eigentum an Sachen und darauf verkörperten Inhalten

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem aktuellen Urteil (V ZR 206/14) mit dem Verhältnis vom Eigentum an Datenträgern und den Rechten an den darauf gespeicherten Informationen auseinandergesetzt. Die Frage könnte für wesentliche Teile von Industrie 4.0 und Big Data von Bedeutung sein.

Zu entscheiden hatte der BGH die Frage anhand von Tonbändern: Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl wollte von einem Journalisten seine Biographie schreiben lassen. Dazu gab er dem Journalisten eine Reihe von Interviews, die der Journalist mit Zustimmung Kohl auf in seinem Eigentum stehende Tonbänder aufzeichnete. Später kam es zum Zerwürfnis, Kohl verlangte Herausgabe der Tonbänder. Die Tonbänder seien durch Verarbeitung nach § 950 BGB durch die Stimmaufzeichnung Kohls Eigentum geworden.

Dieser Ansicht hat der BGH in seinem Urteil eine Absage erteilt. Durch die Aufzeichnung würden die Trägermedien nicht automatisch Eigentum des Rechteinhabers der aufgezeichneten Daten. Der Eigentümer der Datenträger bleibe dies vielmehr auch nach der Aufzeichnung. Die reine Aufzeichnung von Daten habe einen derart vernachlässigbaren Wert, dass dies keinen Eigentumsübergang rechtfertige.

Damit  lässt der BGH den dauerhaften Auseinanderfall des Eigentums am Trägermediums und der Inhaberschaft der Rechte an den gespeicherten Daten zu. Gleichzeitig schränkt der BGH aber auch ein: Wenn durch die Aufzeichnung von Daten eine in ihren Eigenschaften komplett neue Sache entstehe, könne das Eigentum am Datenträger dem Eigentum an den Daten folgen. Als Beispiel werden für den Verkauf bestimmte CD- oder DVD-Kopien von Software, Filmen oder Musik genannt.

Das Urteil birgt Potenzial zu Auswirkungen auf die rechtlichen Ansichten bei Cloud Computing, Big Data und Industrie 4.0. Zum Cloud Computing äußert sich der BGH auch konkret: Weder könne der Inhaber eines Rechenzentrums durch Speicherung von Daten auf seinen Festplatten Inhaber der Daten werden; noch werde der Speichernde Inhaber der Festplatten. Dies scheint insofern konsequent, dass in der Regel nicht jeder Speichernde in einem Rechenzentrum eine logisch abgetrennte Speichereinheit zur Verfügung hat. Die Speichereinheiten gehörten dann immer demjenigen, der zuletzt Daten auf ihnen gespeichert hat – die Eigentumslage wäre nicht mehr zu überblicken. Der BGH spricht insoweit von "unabsehbaren" Folgen.

Der BGH bemüht aber auch auch ein anderes, simpleres Bild: Hätte der Journalist die Interviews auf einem Notebook oder Smartphone aufgezeichnet, wäre wohl unstreitig, dass weder Smartphone noch Notebook den Eigentümer gewechselt hätten.

Urteil im Volltext auf der Seite des BGH (PDF)