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Geschichte und Gegenwart des philippinischen Rechtssystems

Die Philippinen sind eine Republik auf einem süd-ost-asaitischen Archipel das im Osten vom pazifischen Ocean im Norden und Westen vom Südchinesischen Meer und im Süden von der Sulawesisee umschlossen ist. Das Gebiet besteht aus mehr als 7000 Inseln und umfasst ca 299.740 km². Artikel I der Verfassung von 1987 definiert das Staatsgebiet als das philippinische Archipel, mit allen Inseln und Gewässern und alle anderen Territorien, auf welchen die Philippinen Souveränität oder Gerichtsbarkeit ausüben. Vor dem Hintergrund dieser recht wagen Definition lässt sich auch verstehen, dass seit Jahren Territorialstreitigkeiten mit China und anderen Nachbarstaaten um Gebiete im südchinesischen Meer vor sich hin schwelen und immer wieder kurz vor der Eskalation stehen.1

 

Der Zensus vom Mai 2010 zählte 92.337.852 Einwohner. Der überaus größte Teil der Bevölkerung ist christlichen Glaubens. Dennoch existiert auf der südlichsten Insel Mindanao eine mehr oder weniger autonome islamische Region, deren Gesetze im Wesentlichen auf der Sharia fußen. Auf diese Besonderheit des Rechtssystems wird im Folgenden noch näher eingegangen.


Schon in der vorkolonialen Zeit, war die kleinste Verwaltungseinheit das sogenannte Barangay. Während damit ursprünglich eine in der Regel verwandtschaftlich verbundene Gruppe gemeint war, bezeichnet der Begriff Barangay heute die unterste Bezirksebene. Während dieser vorkolonialen Zeit war die Gesellschaftsstruktur in den meisten Regionen eine stark hierarchische Aristokratie, wenngleich es durchaus starke regionale Unterschiede gab.


Noch heute sind Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stark durch die darauffolgenden Dekaden kolonialer Herrschaft geprägt. Während der spanischen Kolonialherrschaft wurde der noch nicht tief verwurzelte Islam weitestgehend durch das Christentum verdrängt. Mit der spanischen Herrschaft und dem Christentum kamen auch Priester und Mönchsorden auf die Philippinen, die neben den kooperierenden lokalen Häuptlingen im wesentlichen die politische Ordnung des Landes bestimmten. Es folgten die britische Invasion (1762) sowie mehrere Aufstände und Meutereien die sich gegen die Kolonialherren richteten. Schon 1850 entstand eine Säkularisierungbewegung, deren Ziel die Beschränkung der Macht der Kirche und ihrer Orden war. All dies führte zu einem ersten Nationalbewusstsein, der Eigenbezeichnung Filipino für alle Bewohner des Landes und schließlich zur Gründung der ersten Republik in den Kriegswirren gegen Ende des spanisch-amerikanischen Krieges 1899. Diese wurde von der neuen Kolonialmacht USA jedoch nicht anerkannt, sodass bis 1946 weitere Perioden der Kolonialherrschaft durch die USA und der Besatzung durch die Japaner folgten, bis schließlich die Unabhängigkeit der philippinischen Republik beschlossene Sache war. Doch schon 1965 mit der Wahl des populären jungen Politikers Ferdinand E. Marcos zum Ministerpräsidenten kündigte sich eine weitere Dürreperiode im Hinblick auf Demokratie und Menschenrechte an. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung wurde 1972 das Kriegsrecht verhängt und es folgten weitreichende Einschnitte in die Pressefreiheit und andere tragende demokratische Prinzipien. Schließlich wurde Marcos im Zuge der friedlichen EDSA-Revolution 1986 abgesetzt. Seit 1987 sind die Philippinen wieder eine Präsidialdemokratie.


Die beschriebenen zahlreichen Umwälzungen innerhalb der philippinischen Gesellschaft und Politik haben selbstverständlich auch ihre Spuren im geltenden Recht hinterlassen. So gibt es beispielsweise 3 Verfassungen von 1935, 1973 und von 1987, die je nach Fall heran zu ziehen sind.2 Da Tagalog erst mit der Verfassung von 1987 zur Landessprache wurde, und zuvor gerade auch während der Kolonialherrschaft der USA die Gesetze in englischer Sprache verfasst wurden, ist die Sprache des Rechts bis heute Englisch.

 

Struktur des Rechtssystems


Interessant ist vor allem auch die Struktur des Rechtssystems. Hier überlagern bzw. vermengen sich verschiedene Rechtskreise, was nicht zuletzt auch Folge der Herrschaft unterschiedlichen Rechtskreisen angehörender Kolonialherren sein dürfte. So besteht sowohl geschriebenes Recht (s.u.), beispielsweise in Form des Civil Code, andererseits existieren aber auch Regelungen die vergleichbar mit dem amerkanischen Rechtskreis auf einem Case Law System beruhen. Schließlich besteht mit dem Muslim Code of Personal Laws ein in dieser Form einzigartiges Gesetz, das die muslimische Bevölkerung und die autonome Region Mindanao einer Form der Sondergesetzgebung unterordnet und gleichzeitig weitreichende Selbstverwaltungsrechte gewährt. Dies dient zwar einerseits der Entschärfung des Konflikts mit islamistischen Rebellen in der südlichsten Region der Philippinen, führt aber andererseits zur faktischen Abschaffung der säkularen Staatsform zumindest in den Gebieten, in denen Sharia-Gerichte zur Rechtsprechung berufen sind.

 

Rechtsquellen


Die Zersplitterung oder Vielschichtigkeit des philippinischen Rechtssystems zeigt sich auch deutlich bei einem Blick auf die Rechtsquellen. So gibt es viele Ergänzungen und Ausgliederungen zum ursprünglichen Code Civile. Die Statute (enactments of congress) sind geschriebene Gesetze die von der Legislative in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurden. Das sind seit 1901 folgende:


  • Child and Youth Welfare Code

  • Civil Code

  • Comprehensive Agrarian Reform Code

  • Coconut Industry Code

  • Code of Commerce

  • Cooperative Code

  • Corporation Code

  • Family Code

  • Fire Code

  • Forest Reform Code

  • Intellectual Property Code

  • Labor Code

  • Land Transportation and Traffic Code

  • Local Government Code

  • Muslim Code of Personal Laws

  • National Building Code

  • National Code of Marketing of Breast-milk Substitutes and Supplements

  • National Internal Revenue Code

  • Omnibus Election Code

  • Philippine Environment Code

  • Revised Administrative Code

  • Revised Penal Code

  • Sanitation Code

  • State Auditing Code

  • Tariff and Customs Code

  • Water Code

Jurisprudenz, Richterrecht und Case Law


Wie bereits erwähnt wurde, existiert neben dem Gesetzesrecht auch ein Case-Law-System, welches sich im Unterschied zum europäischen Rechtssystem auf Präzedenzfälle und Rechtstraditionen stützt um das anzuwendende Recht zu ermitteln. Das philippinische Case-Law-System umfasst die Entscheidungen und Interpretationen durch Personen oder Organe der Regierung, welche rechtsprechende oder quasi-rechtsprechende Funktionen ausüben.3 Sie dienen als Grundlage und Leitfaden für zukünftige Verfahren in gleichgelagerten Fällen. Frühe Entscheidungen philippinischer Gerichte wurden aus dem spanischen Original (Jurisprudencia Filipina) ins Englische Übersetzt (Philippine Reports). Die Entscheidungen des Supreme Court binden die nachfolgenden Gerichte und sind eine eigene Rechtsquelle. Das Supreme Court entscheidet außerdem über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes.


Die Entscheidungen des Court of Appeals (Berufungsgerichts) hingegen dienen den nachfolgenden Gerichten eher als Leitfaden. Die Schlüsse und Zusammenfassungen des Court of Appeals werden von nachfolgenden Gerichten oft als sogenannte Doktrin zitiert. Entscheidungen des Sandiganbayan (Sondergericht zur Bekämpfung der Korruption) und des Court of Tax Appeals wurden zuvor nicht veröffentlicht. Im Zuge der Etablierung einer Online Datenbank, werden auch diese nun nach und nach online zur Verfügung gestellt.


Schließlich zählen auch die Entscheidungen von administrativen Organen, Kommissionen und Ausschüssen mit quasi-rechtsprechender Funktion zum sogenannten case law. Beispielhaft können hier die Securities and Exchange Comissions (SEC), das Social Security System (SSS) und die National Labor Comission (NLRC) genannt werden.


Eines der Hauptprobleme bei der Suche nach Entscheidungen in vergleichbaren Fällen (Cases) ist die schlechte Verfügbarkeit von veröffentlichten Entscheidungen nicht nur, aber vor allem des Berufungsgerichts (court of appeals). Um dieser Prolematik zu begegnen wurde auf Grundlage des „judicial reform programm“ eine Online-Datenbank geschaffen in die alle Entscheidungen von Supreme Court, Court of Appeals, Sandiganbayan und des Cour oft Tax Appeals eingepflegt werden sollen. Weil während des zweiten Weltkrieges viele Entscheidungssammlungen und Originale zerstört wurden, wird versucht die Online-Datenbank hinsichtlich dieser Entscheidungen mithilfe von US-amerikanischen Archiven und privaten Sammlungen aufzufüllen. Die populärsten Sekundärquellen sind die Sammlungen der Supreme Courts Reports (SCRA, elektronisch eSCRA), die Lex Libris Jurisprudence CD ROM sowie CD Asia Online. Eine open access Plattform mit dem Namen fluxfun gewinnt aufgrund ihrer Userfreundlichkeit ebenfalls stetigen Zulauf.


Für das islamische Recht sind die primären Quellen der Koran, die Sunnah (auf den Worten des Propheten basierende Normen), Ijma (unterschiedlich interpretiert als der allgemeine Konsens der (ersten) Muslime) und Qiyas (Analogie). Darüber hinaus werden von Jainal D. Razul in seinem Buch „Commentaries and Jurisprudence on the Muslin Law oft the Philippines“ (1984) neuere Quellen für das islamische Recht benannt, die jedoch von einigen Juristen abgelehnt werden. Zu nennen wären hier Istihsan (Richterrecht), al-Masalih al-Mursalah (öffentliches Interesse), Istidlal (eine Art Vernunftschluss) sowie Istishab (Schlußfolgerung aufgrund dauerhafter Übung).


Das geschriebene Recht in Zahlen


Es existieren 4.275 sogenannte ACTS, das sind Verordnungen aus den Jahren zwischen 1900 und 1935. Sowie 733 Commonwealth Acts, aus der Zeit von 1935 bis 1945. In die Zeit der Marcos Diktatur von 1972 bis 1985 fallen 2.034 Presidential Decrees, also Erlasse des Präsidenten. Darüber hinaus zählen zu Normen aus dieser Zeit auch 884 sogenannte Batas Pambansa. Das sind Verordnungen des Parlaments aus der Zeit zwischen 1979-1985, also den letzten Jahren der Diktatur. Dem zahlenmäßig weit überlegen sind die Verordnungen der demokratischen Republik(en) mit 10.157 Republic Acts aus der Zeit von 1946 bis 1972 und ab 1987 bis Januar 2012.


Aufbau der Gerichtsbarkeit


Die Hirarchie der Gerichtsbarkeit lässt sich an folgendem Schaubild verdeutlichen:

 

 

An oberster Stelle steht das Supreme Court gefolgt von Court of Appeals (Berufungsgericht) und dem gleichgestellt dem Sandiganbayan. Bei dem Sandiganbayan handelt es sich um ein Sondergericht zur Bekämpfung der Korruption. Es besteht aus dem Gerichtspräsidenten sowie 14 Richtern die in 5 Kammern zu je drei Richtern organisiert sind. Dem folgen die Regional Trial Courts (also die regionalen Gerichte) auf einer Ebene mit den Sharia-Bezirksgerichten der autonomen Region Mindanao. Es existieren 13 regionale Gerichtsbezirke. Die Gerichte dieser Ebene behandeln beispielsweise Zivilsachen ab einem Betrag von 100,000.00 PHP (bzw. in Metro-Manila ab 200,000.00 PHP), fungieren unter anderem aber auch als Familiengerichte, da diese zwar in Republic Act Nr. 8369 von 1997 vorgesehen aber bisher vielerorts noch nicht etabliert wurden. Die Sharia-Gerichte wurden auf Grundlage des Code of Muslim Personal Law (Presidential decree 1083) geschaffen. Sie üben laut Paragraf 1 Artikel 143 des Presidential Decree 1083 die Rechtsprechung in allen Fälle, in denen das Sorgerecht, die Vormundschaft, die Legitimität, Vaterschaft und Beziehungen derer, die dem Code of Muslim Personal Law unterworfen sind, in Frage stehen. Aber auch Zivilverfahren bezüglich Verträgen zwischen Muslimen obliegen den Sharia-Berzirksgerichten, sofern die Vertragsparteien nicht die Anwendung der Sharia ausgeschlossen haben. Auf der untersten Ebene folgen dann die Gerichte der Metropole (Metropolitan Trial Courts), der Bezirke sowie der Bezirke in Städten (Municipal Trial Courts in Cities, Municipal Trial Courts) und die kommunalen Kreisgerichte (Municipal Curcuit Trial Courts). Diese sind neben anderen Fällen mit Zivilsachen bis 100,000.00 PHP (bzw in Metro-Manila bis 200,000.00 PHP) betraut. Die unterste Ebene umfasst auch die Sharia-Kreisgerichte, welche nach Artikel 155 des Presidential decree 1083 unter anderem Recht sprechen im Hinblick auf alle Straftaten die in den Geltungsbereich des Code of Muslim Personal Law fallen, aber auch in familienrechtlichen Angelegenheiten bei Streitigkeiten über kommunale Immobilien.


Ausblick


Basierend auf den gemachten Ausführungen werden in den folgenden Wochen Artikel zum Thema der Enteignung durch die öffentliche Hand, zum Recht der Staatsangehörigkeit und zum Urkundenwesen erscheinen. Vorschläge für Themen oder zu vergleichende Rechtsinstitute sind gerne gesehen.


Weiterführende Links:


  1. http://www.umlaw.co.nr/

  2. http://www.chanrobles.com

  3. http://www.lawphil.net

  4. http://elibrary.judiciary.gov.ph/

  5. http://www.loc.gov/law/help/guide/nations/philippines.php

  6. http://www.sibuyan.info/recht/recht.htm

  7. http://www.nyulawglobal.org/globalex/Philippines1.htm

1 Vgl. die Spratly-Inseln (http://de.wikipedia.org/wiki/Spratly-Inseln ) (abgerufen 26.11.2013)

sowie: Scarborough-Riff (http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/china-japan-philippinen) (abgerufen 26.11.2013)

2 Um Beispielsweise die Staatsbürgerschaft eines unter der zweiten Verfassung Geborenen zu beurteilen, ist diese heran zu ziehen.